Was genau ist eigentlich ein Feuchtbiotop. Umso genauer man nachdenkt, desto schwammiger erscheint der Begriff und das eigene Wissen meist. Feuchtbiotope sind mehr als nur einfache Tümpel, Moore oder Weiher.
Dieser Artikel soll das Wissens-Durcheinander sortieren und ergänzen. Denn Feuchtbiotope sind ein wichtiges Instrument im Klima-, Natur- und Artenschutz. Sie sind wahre Alleskönner.
Erfahre mehr über die Funktionen, die Herausforderungen bei der Anlage und mögliche Projekt-Ergebnisse nach Umsetzung.
Wie definiert sich ein Feuchtbiotop?
Die Definition eines Feuchtbiotops ist aufgrund unterschiedlicher Interpretationen nicht ganz leicht. Eine allgemein akzeptierte Version existiert nicht. Zählen im englischsprachigen Raum zu den übersetzten “wetlands” auch Salzwassergebiete wie das Wattenmeer, beschränken sich die deutschen Definitionen meist auf Brack- und Süßwassergebiete.
Der wohl beste Anhaltspunkt zur Definition ist die Sättigung mit Wasser.
Ein Feuchtbiotop ist den Großteil des Jahres bis zur Bodenoberfläche mit Wasser gesättigt. Tümpel und Weiher können hierbei ganzjährig Wasser führen oder aber auch durch Trockenheit für wenige Wochen komplett austrocknen.
Ein weiterer wichtiger Anhaltspunkt für uns ist die Fauna in den benannten Tümpeln und Weihern. Feuchtbiotope sollten keine Verbindung zu Fließgewässern haben. Sie sollten nämlich frei von Fischen bleiben.
Ein erfolgreiche umgesetztes Feuchtbiotop im Hafenlohrtal
Zusammengefasst verstehen wir unter der weitläufigen Umschreibung Feuchtbiotop dauerhaft, meist wasserführende Tümpel und Weiher ohne Verbindung zu Fließgewässer und deren umliegende von Nässe geprägte Vegetation.
Oft sind Feuchtbiotope der Übergang zwischen einem dauerhaft trockenen zu einem dauerhaft nassen Ökosystem. In unserem Fall bilden sie den Übergang zwischen Wald und Fließgewässer ab.
Drei Möglichkeiten ein Feuchtbiotop anzulegen
Es gibt verschiedene Methoden, um ein Feuchtbiotop anzulegen. Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass Feuchtbiotope nicht in unmittelbarer Nähe zu befahrenen Straßen angelegt werden sollten. Des Weiteren sollten sie auf Freiflächen sein, sodass sie ausreichend Sonne zur Erwärmung abbekommen und wenig Laub im Herbst hineinfällt. Laub führt zu einer schnelleren Verlandung und somit zu einem schnelleren Verlust des Biotops. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass keine Pestizide durch nahe liegende Landwirtschaft in das Gewässer gelangen.
Folgende Möglichkeiten können bei der Anlage eines Feuchtbiotops angewendet werden:
1. Speisung mit Regenwasser
Bei kleineren Biotopen kann das Feuchtbiotop mit Regenwasser gespeist werden. Hierfür braucht man je nach Jahreszeit ein paar Wochen Geduld. Man kann den Prozess jedoch beschleunigen, indem das Feuchtbiotop in einer natürlichen Senke angelegt wird. Bei dieser Art ist das Feuchtbiotop aber auch schneller vom Austrocknen in niederschlagsarmen Monaten gefährdet.
2. Aufbaggern des Grundwasserbereichs
Die vielversprechendste Methode ist das Aufbaggern von Böden, an denen das Grundwasser bereits zum Vorschein kommt. So kann der Grundwasserdruck das ganze Jahr über genutzt werden, um eine Wasserversorgung des Feuchtbiotops zu gewährleisten.
Diese Methode werden wir gemeinsam mit dem Naturpark Spessart e.V anwenden und so an geeigneten Standorten vielversprechende Feuchtbiotope anlegen.
3. Speisung durch Fließgewässer
Die dritte Möglichkeit ist die Speisung der angelegten Feuchtbiotope durch bestehende Fließgewässer. Dies kann meistens praktiziert werden, ist aber mit der Beantragung einer Erlaubnis beim zuständigen Landratsamt verbunden.
Warum ist es so wichtig Feuchtbiotope anzulegen?
Das Anlegen von Feuchtbiotopen hat Vorteile für unser Klima, den Naturschutz und den Artenschutz. Immerhin sind fast 3 % der Weltoberfläche mit Feuchtbiotopen bedeckt. Hierzu zählen etliche kleine Weiher und Moore als auch das große Pantanal in Brasilien oder die Everglades in Florida. Die Nutzen von Feuchtbiotopen lassen sich in drei Bereiche aufteilen.
1. Klimaschutz
Feuchtbiotope können echte Klimaschützer sein. Sie binden unheimlich viel Kohlendioxid. Nach Angaben der Bundesregierung¹ binden weltweit Moore fast doppelt so viel CO₂ wie alle Wälder. Diese natürliche CO2-Senke ist aber an eine Voraussetzung gebunden.
Feuchtbiotope müssen intakt sein, um als CO2-Senke zu dienen. Werden diese ausgetrocknet, machen sie genau das Gegenteil ihrer wertvollen Funktion. Sie emittieren CO2 und Lachgas in die Atmosphäre und befeuern so den Treibhauseffekt. Somit ist die Förderung der Renaturierung von bestehender Feuchtbiotopen und die Anlage neuer umso wichtiger.
2. Natur- und Artenschutz
Feuchtbiotope sind, wie der Name bereits erahnen lässt, eigenständige Biotope. Viele Pflanzen- und Tierarten sind auf sie angewiesen. Kleingewässer dienen in Mitteleuropa ca. 1000 Tier- und 200 Pflanzenarten als Heimat. Viele davon sind gefährdet. Auch wenn wir mit unserem Feuchtbiotop-Projekt eine Vielzahl an Arten fördern und schützen, widmen wir das Projekt einer ganz besonderen Art, der Libelle.
Libellen sind extrem auf dauerhaft wasserführende Feuchtbiotope angewiesen. Bis zu 7 Jahre verbringen sie als Larven in Weihern und Tümpeln und fliegen anschließend nur einen Sommer zur Paarung in der uns bekannten Form.
In einem Bericht von 2021² wurde festgestellt, dass 29 % der Libellenarten in den letzten 35 Jahren einen Rückgang der Population erfahren haben.
Libellen nutzen Feuchtbiotope als Kinderstube
Besonders Libellen, welche in stehenden Gewässer beheimatet sind, waren und sind betroffen. Wir wollen durch den Aufbau und die Instandsetzung von Feuchtbiotopen im Hafenlohrtal heimischen, zum Teil gefährdeten, Libellenarten die Möglichkeit von Laich- und Jagdplätzen geben.
3. Wasserspeicher
Ein weiterer Vorteil von Feuchtbiotopen ist die Speicherung von Wasser. Die letzten drei Sommer haben uns gezeigt, dass unsere Wälder nicht auf den Klimawandel vorbereitet sind. Anfällige Monokulturen und gegen Trockenheit empfindliche Baumarten gefährden den Wald der Zukunft.
Feuchtbiotope können den Wasserhaushalt des Waldes regulieren und sind Reservebecken für besonders trockene Perioden. Somit sind sie ein effektives Mittel gegen die Veränderungen des Klimawandels.
Hier legen wir Feuchtbiotope an
Die Projekte werden mit dem Naturpark Spessart e.V. und dem fürstlich Löwenstein’schen Forstbetrieb durchgeführt. Der Naturpark Spessart e.V. übernimmt die Umsetzung und begleitet das Projekt mit Forschungsstudien.
Die Forstverwaltung Fürst Löwenstein stellt uns die Flächen im privaten Forst zur Verfügung und leistet so einen großen Beitrag.
Für unser erstes Projekt haben wir eine geeignete Fläche mit ausreichend Grundwasserdruck auf den Wiesen des Margaretenhofs gefunden. Hier legen wir im November 2021 mithilfe eines Baggers ein neues Feuchtbiotop an.
Zusätzlich werden wir im Hafenlohrtal in der Nähe von Einsiedel einige bestehende Weiher von Schlamm befreien und weitere, kleinere in das Landschaftsbild einpflegen.
Des Weiteren statten wir die Feuchtbiotope mit Totholzhaufen und Steinriegeln aus. So dienen sie einer Vielzahl an Tieren und Insekten als Refugium.
Was wir von unserem Projekt erwarten können
Der Erfolg eines Projekts kann nicht prognostiziert werden. Er wird durch Arten-Zählungen messbar. Ein Blick auf ein vergleichbares Projekt des Naturpark Spessarts im Hafenlohrtal lässt aber einiges erhoffen.
Der Verein hat ein Feuchtbiotop-Projekt im Hafenlohrtal umgesetzt und jeweils davor und danach eine Zählung der Libellenarten durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass nach der Umsetzung die Artenvielfalt doppelt so groß war, wie davor. Seltene Arten, wie die Gabel-Azurjungfer, wurden sogar 2021 das erste Mal im Landkreis Aschaffenburg gesichtet.
Fazit
Einfach nur ein Loch graben reicht nicht aus. Die erfolgreiche Anlage eines Feuchtbiotops erfordert eine ausführliche Planung, sowie die Beratung und Begleitung von Fachpersonal. Des Weiteren muss der Erfolg der Umsetzung durch Zählungen überprüft werden. Nur so können Naturschutzvereine Erfahrungen aus den Projekten sammeln und diese nutzen.
Quellen:
¹ Moore mindern CO2, Bundesregierung, 14.08.2014
² Libellen: Gewinner und Verlier in Deutschland, Deutsches Zentrum für integrative Biodiversität, 18.06.2021